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O Esconderijo: Bei Hans gibt es das beste Essen der Azoren

7. August 2016

Hans, 53 Jahre alt, Bayer. Wir besuchen ihn in seinem Restaurant „O Esconderijo“ im Norden der Azoren-Insel Faial. Er sagt: „Wenn das hier mein Beruf wäre, dann könnte ich es nicht machen. Es ist mein Leben.“ Wir haben für unser Leben gern bei ihm, dem Aussteiger, gegessen. Weil er es für sein Leben gern tut: seinen Ein-Mann-Betrieb managen, kochen, drappieren, garnieren, servieren, abräumen, kassieren, abwaschen.

Wir haben an den Tagen zuvor Fisch gegessen, Fleischgerichte, haben auf einem 500 Grad heißen Lavastein im Design-Charme einer alten Halle im Hafen von Horta selbst gebrutzelt, wir waren in einem der alteingesessenen Restaurants von Horta, in dem die Einheimischen einkehren. Wir haben Cozido, den Eintopf aus dem Erdloch, genossen. Alles besonders, aber nichts so speziell wie das, was Hans uns auftischt. Denn er serviert ein Stück seiner Lebenseinstellung mit.

Vor zehn Jahren, erzählt er uns, hat er mit seinem damaligen Partner (ein Foto von den beiden hängt vorne im Gastraum oben rechts über der Theke neben vielen anderen Bildern) den Chiemgau verlassen, um hier auf der kleinen Azoreninsel Faial sein eigenes Ding zu machen. „Was braucht man denn zum Leben?“, fragt Hans uns beim Nachtisch, einem Windbeutel mit einer Kugel Schoko- und einer Orangen(!)eis. „Geld“, sage ich. Hans sagt: „Nein.“ Man brauche gutes Wasser, die Luft, etwas zu essen und ein paar Menschen, die man mag. Das mit dem Essen aber und dem Wasser, das liefere die Natur. „Man braucht kein Geld.“

So tickt Hans. Sein Restaurant führt er seit drei Jahren allein,  erzählt er. „Ich kann jetzt das anbieten, was ich möchte. Was ich kochen will. Und muss mich nicht abstimmen.“ Er trennte sich vom Partner oder umgekehrt. Seither ist er in den beiden Häusern oberhalb des Dorfes Cedros im Norden der Insel allein. Im unteren wohnt er, im oberen hat er seine (vor allem deutschen) Gäste, dahinter einen Bach in einer kleinen Schlucht (ein kleines Paradies) und zwischen den beiden Häusern den Garten, in dem er seine Kräuter, die seine Speisen so besonders, so anders machen, selbst zieht. Hans tut es allein und kann darum nicht alle Tische rund ums pittoreske Lokal besetzen: Bei ihm isst man nur auf Reservierung. Sein Telefon klingelt dreimal an diesem Abend. Hans meldet sich auf Portugiesisch, dann schwenkt er um auf Englisch, weil der Anrufer Englisch redet. Kurz vorm Auflegen sind sie meist bei Deutsch. Das Restaurant steht im wichtigsten deutschen Azoren-Reiseführer von Dumont als spezieller Tipp. „Nein, heute und morgen ist voll“, sagt er. Wir sind zwei von sechs Gästen an drei Tischen. Später kommen noch neun Personen an zwei weiteren Tischen, quasi in der zweiten Schicht. Geöffnet hat Hans außer dienstags täglich von 18 bis 21 Uhr. Wir essen für 44 Euro, zahlen 50. Das reicht ihm – Angestellte möchte er nicht, sagt er. Darum bleiben viele Tische frei. „Voll“, sagt Hans. So macht er pro Tag vielleicht 500 Euro Umsatz. Gastronomie-Checker würden umkippen vor Schreck. 

Die Karte ist nicht groß: fünf Vorspeisen, sechs Hauptgerichte, fünf Nachspeisen. Café, ein Sagres-Bier, drei selbstgemachte Limos. Eine kleine Bayern-Fahne an der Eingangstür, aber kein Weißbier. „Ich verwende, was hier wächst und was es hier auf Faial gibt“, sagt Hans. Macht daraus aber unter anderem Kaiserschmarrn, einen der Desserts. „Gäste fragen mich, ob er österreichisch oder bayerisch ist“, sagt Hans. „Nichts davon – er ist so, wie ich ihn machen möchte.“ 

Er möchte auch fürs Auge was tun. Wie die Gerichte angerichtet sind, ist schmackhaft, detailverliebt garniert mit Blüten und in hübschen Formen. Dabei lässt er Fleisch und Fisch (ja, auch Fisch) weg.

Hans hat auch Pläne: Er verrät uns, dass er darüber nachdenkt, nächstes Jahr nur noch ein Menü anzubieten. Das vereinfacht seinen Einkauf, macht das Geschäft planbarer für den Einkauf. Er wirft nicht gerne weg. Wer, wenn nicht er, könnte es sich  leisten, nur ein Menü anzubieten? Ist es von ihm gemacht, dann muss es ganz Hans sein. Besonders. Aber besonders lecker. Ob es so kommt, ist offen. Man sollte einfach vorher anrufen oder eine Nachricht via Facebook hinschreiben und nachfragen.

„O Esconderijo“ heißt „Das Versteck“. Es ist an der Hauptstraße in Cedros (Horta -> Vulcão Capelinhos) gut ausgeschildert. Aber doch recht versteckt. Es zu finden und Hans anzutreffen, lohnt sich.




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